Schein-Erfolge

Ich habe einmal den zweiten Platz bei einem musikalischen Wettbewerb mit meiner Gitarre gemacht.

Nein, ich möchte damit nicht prahlen – im Gegenteil. Die Wahrheit ist, dass es in meiner Rubrik nur zwei Teilnehmer gab. Also war ich im Grunde mit dem zweiten Platz gleichzeitig auch der Letztplatzierte.

Daran musste ich denken, als ich gestern die Überschrift einer hessischen Pressemitteilung las: „Frankfurt ist eine der fahrradfreundlichsten Städte von Deutschland!“

Lassen wir einmal außer Acht, wie denn die Befragungen erfolgten und wer daran teilhaben durfte, so versteckt dieser zweite Platz ein paar Details.

Zum einen war das auch nur in einer gewissen Kategorie – im Idealfall lautet diese „Fahrradfreundliche Städte zwischen fünfhunderttausend und einer Million Einwohner mit einem großen internationalen Flughafen“ und zum anderen – und das kein Witz – konnte der zweite Platz mit einem Schulnoten-Ergebnis von 3,6 erreicht werden. In dem Fall wäre zu meiner Schulzeit vermutlich die Arbeit wiederholt worden. Aber es zeigt auch, wie es tatsächlich um unsere Fahrrad-Infrastruktur in den Städten bestellt ist.

Die ehrliche Aussage der Befragung hätte eigentlich lauten müssen: „Welche Städte sind noch die am wenigsten fahrradunfreundlichen Städte von Deutschland“

Und so richtig deutlich wird das Ganze bei einer Befragung unter denen, die mit Autos zur Arbeit in die Stadt fahren. Die sind genervt von den wilden Radfahrern. Und möchte man die Meinung von den Radlern sowie Radlerinnen hören, sind für diese die rücksichtslosen Autofahrer*innen ein Albtraum. Beide Lager haben Unrecht, denn das eigentliche Problem ist lediglich die Infrasruktur: die ist in den Städten einst nicht dafür ausgelegt worden, beide Verkehrsmittel vernünftig miteinander agieren zu lassen. Radfahren in der Stadt in den 60er Jahren? Warum denn nicht gleich mit dem Boot zur Arbeit? – Deswegen gibt es keine Wasserkanäle für Boote und zu wenig Radwege für die Radfahrer-Riege.

Aber immerhin: Frankfurt ist Zweiter!

Vielleicht sollte ich auch mal eine „Freundlichkeitsauswertung in Städten“ Befragung initiieren und wenn mir jemand als Antwort „Leck mich doch!“ sagt, dann ist diese Person womöglich immer noch eine der freundlichsten gewesen – je nachdem, wo ich meine Recherche durchführe.

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