Der Westen sieht alt aus

Ich habe in den letzten Tagen einige neue Erkenntnisse gewonnen.

So hatte ich mich gefragt, wieso die Herren Adenauer sowie Kohl und neulich Frau Merkel so ein besonderes Verdienstkreuz verliehen bekamen, welches sonst niemand in seiner Vitrine oder an einer Wand im Büro verstauben lassen kann. Jetzt weiß ich es: weil die drei Herrschaften freiwillig Ihr Amt als Kanzler*in niedergelegt haben!

Blickt man über den Teich in die USA, dann wird einem klar, dass ein derartiger Verdienstorden wohl nicht verliehen werden kann. Wenn die Herren Biden und Trump nicht durch den altersbedingten Tod gehindert werden, lassen sich Beide erneut zur Wahl aufstellen. Das heißt: der eine ist dann über 80 Jahre alt und der andere würde diesen „Runden“ nur ein Jahr später erleben. Wenn die zwei Greise bei ihren Wahlkampfreisen durch Seniorenheime gehen, werden sie vermutlich häufig älter sein, wie die dort lebenden Personen.

Der eine will obwohl er Präsident nicht kann und der andere muss, weil es keine Alternative für ihn gibt.

Einen Fliesenleger mit rund 80 Jahren oder einen IT-Spezialisten in gleich hohem Alter werde ich zwar nicht finden, doch selbst wenn, würde ich ihnen keinen ordentlichen Job zutrauen und dankend ablehnen. First Man eines der größten Staaten der Welt zu sein, scheint offenbar mit nicht so hohen Qualitätsanforderungen verbunden zu sein. Also wird bald wohl weiterhin ein Mensch die Geschicke für die Gegenwart sowie Zukunft der USA bestimmen, von der sie selbst garantiert sehr wenig noch erleben wird.

Das ist schon fast wieder der Vergabe eines Auszeichnungs-Kreuzes wert.

Schein-Erfolge

Ich habe einmal den zweiten Platz bei einem musikalischen Wettbewerb mit meiner Gitarre gemacht.

Nein, ich möchte damit nicht prahlen – im Gegenteil. Die Wahrheit ist, dass es in meiner Rubrik nur zwei Teilnehmer gab. Also war ich im Grunde mit dem zweiten Platz gleichzeitig auch der Letztplatzierte.

Daran musste ich denken, als ich gestern die Überschrift einer hessischen Pressemitteilung las: „Frankfurt ist eine der fahrradfreundlichsten Städte von Deutschland!“

Lassen wir einmal außer Acht, wie denn die Befragungen erfolgten und wer daran teilhaben durfte, so versteckt dieser zweite Platz ein paar Details.

Zum einen war das auch nur in einer gewissen Kategorie – im Idealfall lautet diese „Fahrradfreundliche Städte zwischen fünfhunderttausend und einer Million Einwohner mit einem großen internationalen Flughafen“ und zum anderen – und das kein Witz – konnte der zweite Platz mit einem Schulnoten-Ergebnis von 3,6 erreicht werden. In dem Fall wäre zu meiner Schulzeit vermutlich die Arbeit wiederholt worden. Aber es zeigt auch, wie es tatsächlich um unsere Fahrrad-Infrastruktur in den Städten bestellt ist.

Die ehrliche Aussage der Befragung hätte eigentlich lauten müssen: „Welche Städte sind noch die am wenigsten fahrradunfreundlichen Städte von Deutschland“

Und so richtig deutlich wird das Ganze bei einer Befragung unter denen, die mit Autos zur Arbeit in die Stadt fahren. Die sind genervt von den wilden Radfahrern. Und möchte man die Meinung von den Radlern sowie Radlerinnen hören, sind für diese die rücksichtslosen Autofahrer*innen ein Albtraum. Beide Lager haben Unrecht, denn das eigentliche Problem ist lediglich die Infrasruktur: die ist in den Städten einst nicht dafür ausgelegt worden, beide Verkehrsmittel vernünftig miteinander agieren zu lassen. Radfahren in der Stadt in den 60er Jahren? Warum denn nicht gleich mit dem Boot zur Arbeit? – Deswegen gibt es keine Wasserkanäle für Boote und zu wenig Radwege für die Radfahrer-Riege.

Aber immerhin: Frankfurt ist Zweiter!

Vielleicht sollte ich auch mal eine „Freundlichkeitsauswertung in Städten“ Befragung initiieren und wenn mir jemand als Antwort „Leck mich doch!“ sagt, dann ist diese Person womöglich immer noch eine der freundlichsten gewesen – je nachdem, wo ich meine Recherche durchführe.

Fahnenflüchtige Frühlingsgefühle

Seit letztem Jahr besitze ich draußen einen Fahnenmast und zur Beflaggung hatte ich beispielsweise Weihnachten ein entsprechende Flagge, dann eine zwischendurch für den Frieden. Ebenfalls besitze ich eine Deutschlandfahne, die bei der letzten WM eigentlich zum Einsatz kommen sollte. Das gute Stück ist noch original eingeschweißt, denn unsere Mannschaft war zu schlecht und zu früh weg, um sich raus in die Kälte zu stellen und die Flagge zu hissen.

Meine teure Eintracht-Frankfurt-Fahne machte mir Gewissensbisse: Sollte ich das gute Stück tatsächlich bei winterlichem Schlechtwetter nach draußen hängen? Die Frage hätte ich mir schenken können, denn es gab nahezu keinen Anlass, dieses Symbol der Freude an der Fahnenspitze flattern zu lassen

Nun befürchte ich schlimmstes für meine Fahne mit der Aufschrift: „Endlich Frühling!“ Kann die überhaupt dieses Jahr zum Einsatz kommen oder soll ich lieber eine weitere Flagge mit der Aufschrift: „Und schon ist Sommer“ erwerben? Womöglich wäre: „Und nahtlos aus dem Winter in den Herbst“ die sinnvollere Variante.

Na mal sehen was kommt. Notfalls gibt es Frustsaufen und die Fahne die ich dann am nächsten Tage habe, die hat wenigstens einen realen Hintergrund und muss nicht an den Fahnenmast.

Geschmack ist Geschmacksache

Ist Ihnen vermutlich auch schon so gegangen: Jemand aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis schwärmt von einem Gericht oder einem Nahrungsmittel, Sie probieren gespannt und sind enttäuscht.

So ging es mir vor einigen Jahren medial. Ich liebe Musicals und als La La Land so viele Oscars abstaubte, freute ich mich darauf. Nach knapp einer halben Stunde, habe ich abgeschaltet, denn mein Fall war es nicht.

Dieses Jahr bekam der Film Everything Everywhere and all at once eine reichliche Anzahl der begehrten Trophäen. Als Freund der Marcel-Comic-Verfilmungen bin ich ja sozusagen ein Experte, was den Umfang mit Multiversen angeht und war gespannt, was mich erwartet. Und wieder einmal kam ich zu dem Resultat: in diesem Universum kann ich diesem Film nichts abgewinnen, obwohl ich mir erneut knappe 30 Minuten Zeit gelassen habe, mich an den Film zu gewöhnen.

Keinen Ahnung, aber wenn es keine Dramen oder Kriegsverfilmungen sind, scheint ein ein normaler Film, für den durchschnittlichen IQ sowie EQ, einfach nicht mehr genug zu sein, um Preise bekommen zu können.

Der Oscar goes to… aber ich gehe da meist irgendwie nicht mit.

Haarige Zeiten

Zu Beginn meiner Pubertät, die damals sehr spät einsetzte, was mir wiederum sehr viel Kummer bereitete, war ich happy, wie die ersten Barthaare sprießten. Schon bei dem leichtesten Flaum-Ansatz war ich mit dem Rasierer meines Vaters unterwegs und presste zeitweilig Luft in die Backen, verbunden mit der Hoffnung, durch diesen Druck würde es die Stoppeln schneller nach außen drücken.

Unzählige Jahre später – also im Grunde jetzt und in der nahen Vergangenheit – da nervt es mich, ständig eine Rasur vornehmen zu müssen und was die ganze Angelegenheit besonders aufwendig macht: ich bin länger damit beschäftigt, die Ohren innen und außen glatt zu bekommen sowie die Nasenlöcher zu enthaaren.

Wir Menschen leben zwar länger, wie vor zweihundert Jahren, doch dieses Mehr an Zeit vergeuden wir in Verkehrsstaus, beim Warten auf Bahnverbindungen oder in ärztlichen Praxen wie auch für die Körperpflege. Vermutlich bleibt unterm Strich sogar weniger Zeit übrig.